Eindrücke von Hamburger TeilnehmerInnen: Wir waren dabei!


Aus „Likedeeler – Zeitung der SDAJ Hamburg“, September 2001

Schon in der Vorbereitung der 15. Weltfestspiele gab es natürlich auch in der SDAJ, die lange mit der Tradition des Festivals verbunden ist, einige Fragen. Wir hatten von den Unruhen und Aufständen der Berberjugend in der Kabylei, einer Region unweit Algiers, gehört, und überlegten wie wir den Jugendlichen, die für ihre Rechte, gegen Arbeitslosigkeit und für bessere soziale Bedingungen kämpften, unsere Solidarität ausdrücken könnten. Wir machten uns natürlich sehr eingehend mit der Geschichte Algeriens bekannt und erfuhren viel über den Unabhängigkeitskampf Algeriens von der Französischen Besatzung.

Mit 37 Jugendlichen nahm die SDAJ, mit insgesamt ca. 80 Personen nahm Deutschland an den 15. Weltfestspielen teil. Über 7000 Delegierte waren aus über 140 Ländern angereist um unter dem Motto: ”Globalisieren wir den Kampf für Frieden, Solidarität, Entwicklung – gegen den Imperialismus” zu feiern, zu diskutieren und sich auszutauschen.

Schon vor den eigentlichen Spielen gab es kleine Vorstellungen der Tradition des algerischen Volkes und intensive Auseinandersetzung mit seiner Geschichte. Zur Eröffnungsveranstaltung in einem riesigen Stadion für einige –zigtausend Leute liefen die Delegationen mit einem Schild zur Kennzeichnung des Landes, mit Fahnen, gemeinsamer Kleidung und mit Singen und Rufen von Sprechchören ein. Auch die SDAJ trug eine riesige Fahne mit dem Zeichen unserer Organisation. Unter uns befanden sich auch einige in Deutschland im Exil lebende, linke irakische oppositionelle Jugendliche, die, von uns geschützt, ihre Schilder hochhalten konnten. Darauf stand: ”Nein zur Blockade. Nein zum Imperialismus. Nein zu Saddam.” Beeindruckend war für manchen sicherlich das Gefühl von den Rängen so bejubelt und begrüßt zu werden. Bei einer solch riesigen Menge von Leuten aus der ganzen Welt läuft einem mitunter schon die Gänsehaut über den Rücken. Leider mußten wir aber zu unserem Entsetzen auch feststellen, daß die algerische Regierung zur Eröffnungsveranstaltung plante, mit einer Rede des Präsidenten Bouteflika für ihre Politik zu werben und das Festival für sich zu mißbrauchen. Noch einige Zeit zuvor hatte die selbe Regierung auf ihre eigenen Jugendlichen schießen lassen und 80 Tote bei den Demonstrationen gehabt. Nun aber sprach der Präsident dieser Regierung auf einem Festival der Jugend. Dafür gabs natürlich von unserer Seite auch keinen Beifall. Überall sah man in der gesamten Zeit Soldaten und Polizisten, die zur Sicherheit für die Weltfestspielteilnehmer da waren, wir wurden aber auch von unseren Dolmetschern und Guides ständig überallhin begleitet und konnten manchmal nicht allein irgendwo hingehen. Auf der einen Seite wollte die algerische Regierung nach außen hin zeigen, wie gut sie für die Sicherheit von Besuchern in ihrem Land sorgen kann, aber auf der anderen Seite mußte sie dafür einen riesigen Aufwand betreiben und dies auch noch öffentlich machen auf der Eröffnungsveranstaltung der Weltfestspiele. Dann aber wurde die Fahne der 15. Weltfestspiele hereingetragen von Tuaregreitern und die Flamme der Solidarität (ähnlich wie bei dem olympischen Feuer) wurde entfacht. Es gab ein tolles Kulturprogramm was bis in die Nacht hinein dauerte und am Ende gipfelte dieser erste Höhepunkt des Festes in einem Superfeuerwerk.

Dann begannen die internationalen Foren zum Austausch der Informationen aus den verschiedenen Ländern und zwar zu den Themen: “Frieden und Sicherheit” und “Neoliberale Globalisierung und Entwicklung”. Aber wir hatten von Anfang an organisatorische Probleme, von denen wir oft den Eindruck hatten, daß sie die politischen Diskussionen und Veranstaltungen verhindern, stören und verzögern sollten. In “Frieden und Sicherheit” kam es auch bald zu einem schlimmen Vorfall. Ein irakischer Genosse von uns bekam das Rederecht für einen Beitrag, den er diesem Forum vortragen wollte. Da wurde er von Regierungsanhängern Iraks, die auch delegiert waren, angegriffen und verprügelt. Einige SDAJler von uns versuchten ihn zu schützen, und auch einige andere internationale Delegierte wurden mit hineingezogen, als sie den tätlichen Angriff auf unseren Genossen verhindern wollten. Trotz des Eklats wurde das Festival fortgesetzt und wir konnten unsere politischen Ziele umsetzen. Wir nahmen teil an den internationalen Foren zu “Demokratie und Menschenrechte”, zu “Rechte der Jugend und Studenten”, an Solidaritätsforen mit unterdrückten Völkern der Erde und natürlich am “Antiimperialistischen Tribunal”. Vor diesem Tribunal trug unsere Vorsitzende Tina Sanders als Eröffnungsrednerin die Anklage gegen Deutschland als neue Militärmacht in Europa, wegen der Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien, wegen hoher Arbeitslosigkeit und wegen schlechter sozialen Bedingungen in unserem Land vor.

Wir hatten viele Freundschaftstreffen mit Ländern von denen wir bisher noch sehr wenig wußten, z.B. mit der Westsahara, Venezuela, Kolumbien, wir haben mit Leuten aus Nepal und von der YCL-USA, gesprochen, hatten bilaterale Gespräche mit den Leitungen der Delegationen von Cuba und Österreich. Wir haben viele Veranstaltungen im Europäisch-asiatisch-pazifischen Club durchgeführt um auf die politische Situation in Deutschland aufmerksam zu machen, mit den Teilnehmern der cubanischen Delegation haben wir auch den Geburtstag Fidels gefeiert und an einer großen politischen Manifestation am Freiheitsmonument weit über Algier teilgenommen. Besonders erwähnenswert ist hier auch noch, daß wir auf den Weltfestspielen die Planungen für ein weiteres Solidaritätsprojekt auf Cuba, in Zusammenarbeit mit der Jugend der Kommunistischen Partei in Dänemark und der Kommunistischen Jugend Österreichs vorangebracht haben. Desweiteren wollen wir bald eine europaweite, antimilitaristische Kampagne gegen die Angriffsarmee Europas starten, sowie mit einem kommunistischen Jugendblock in den Antiglobalisierungsdemonstrationen auftreten. Weil auf der Abschlussveranstaltung wieder Präsident Bouteflika gesprochen hat, nahmen wir daran aber nicht mehr teil. Mit uns zusammen haben die österreichischen und dänischen und einige weitere europäische Genossen den letzten Abend in unserem regionalen Club beim Singen von Arbeiterliedern und einer netten kleinen Party verbracht. Wirklich schwergefallen ist uns zum Abschluß noch der Abschied von unseren Dolmetschern und Guides am Flughafen. Insgesamt ziehen wir alle wohl ein positives Fazit aus diesen wunderbar warmen und spannenden zwei Wochen und freuen uns schon auf die 16. Weltfestspiele in Vietnam oder Venezuela.