Gemeinsame Erklärung der SDAJ und der AMS: Auf zu den Weltfestspielen – trotz alledem!


Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) als Mitglied des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) und die Assoziation Marxistischer StudentInnen (AMS) als einzige bundesweite marxistische Studierendenorganisation rufen zur Teilnahme an den 15. Weltfestspielen in Algerien auf. Sie haben an der Vorbereitung der Weltfestspiele teilgenommen und werden als Teil der Delegation aus der BRD an dem Festival teilnehmen und es vor Ort mit gestalten.

In Algerien gingen und gehen Jugendliche und Studierende gegen Massenarbeitslosigkeit, Armut und für ihre Rechte auf die Straße. Der Ausgangspunkt der Proteste, die Kabylei, ist eine der ärmsten Regionen Algeriens mit besonders drastischer Jugendarbeitslosigkeit. Der Tod eines Jugendlichen im Polizeigefängnis war der unmittelbare Auslöser der Proteste, die sich schnell verschärften und radikalisierten. Insbesondere wehren sich kabylische Jugendliche gegen Ausgrenzung und die Beschneidung ihrer kulturellen Rechte wie die Weigerung der algerischen Regierung, die Berbersprache Tamazight offiziell anzuerkennen. Doch längst lassen sich die Proteste nicht mehr auf solche kulturellen Forderungen reduzieren. Die Mehrzahl der Parteien hat das Vertrauen und auch die Kontrolle über einen Teil ihrer Anhänger verloren. Insbesondere gilt dies für die sozialdemokratische FFS und die links-demokratische und antiislamistische RCD, die ihre Basis hauptsächlich in der Kabylei hatten. Die Versprechen des Präsidenten, den Berbern mehr Rechte zuzugestehen, kamen zu spät. Die Regierung reagierte mit Gewalt und schoss auf die demonstrierenden Jugendlichen. Über 80 Todesopfer waren das Ergebnis. Ein Ende der Proteste und der blutigen Repression ist auch über einen Monat nach ihrem Beginn nicht absehbar.

Die SDAJ und die AMS erklären ihre Solidarität mit den Jugendlichen und Studierenden, die in Algerien für ihre Rechte kämpfen, und verurteilen das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Für uns ist es nicht akzeptabel, dass diese mit Waffengewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vorgehen. Wir fordern ein sofortiges Ende der brutalen Unterdrückung und die sofortige Freilassung aller während der Proteste festgenommenen Jugendlichen sowie die Bestrafung der für die Todesopfer Verantwortlichen.

Dennoch werden wir an unserem Vorhaben, an den Weltfestspielen teilzunehmen, festhalten. Die Weltfestspiele der Jugend und Studenten werden nicht von der algerischen Regierung veranstaltet und sind keine Werbeveranstaltung für sie, sondern ein Treffen der antiimperialistischen Jugend der Welt. Sie sind ein Forum der Jugend der Welt, sich auszutauschen über die Zustände in ihren Ländern, über ihre Kampfbedingungen und auch über gemeinsame Strategien im Kampf gegen Imperialismus, Rassismus, Faschismus und religiösen Fundamentalismus.

Das algerische Volk und die Jugendorganisationen UNJA und UNEA haben uns dafür den Platz geboten und für diese Einladung sind wir dankbar. Den Widerspruch, die kämpfende Jugend der Welt einzuladen und gleichzeitig auf den Protest der eigenen Jugend und Studierenden mit Repression und Schüssen zu reagieren, muss Algerien selbst auflösen. Und dazu fordern wir auf. Wir wollen in Algerien auch mit der Jugend des Landes diskutieren. Und wir sehen unsere Teilnahme an den Weltfestspielen auch als Zeichen unseres Protestes gegen die imperialistische Einmischung in Algerien, die einen Großteil der wirtschaftlichen Situation – also auch der Probleme Jugendlicher in Algerien – mit verursacht hat.

Mit den Auseinandersetzungen in Algerien wächst bei Teilen der etablierten Parteien Algeriens wie auch in der EU und der NATO der Ruf nach imperialistischer Intervention „zur Verteidigung der Menschenrechte“. Wir stellen fest, dass eine Intervention der NATO und/oder der EU keine Lösung sein kann, sondern die Unterdrückung und Ausbeutung der algerischen Bevölkerung nur verschärfen würde. Eine Lösung der hinter der Konfrontation in Algerien stehenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Widersprüche kann nur gegen den Imperialismus und seine Handlanger, niemals durch oder mit ihm erreicht werden.

Auf zu den Weltfestspielen – trotz alledem!
Solidarität mit den kämpfenden Jugendlichen und Studierenden Algeriens!

SDAJ-Bundesvorstand
AMS-SprecherInnenrat
Juni 2001